Orthodoxe Synagoge, Potsdam, 2009
Wettbewerb, 2. Rang

Aussenperspektive Schlossstrasse

Ansicht Nord
Gebetsraum
Ansicht Sued



Mit dem Neubau des Gemeindezentrums an der Schlossstrasse bezieht die Jüdische Gemeinde Potsdam einen innerstädtischen Standort: gegenüber vom barocken Marstall, an der Schnittstelle zwischen historischer und zu rekonstruierender, aber neu zu interpretierender Blockrandbebauung. Nach mehr als siebzigjähriger Unterbrechung kehrt jüdisches Gemeindeleben in das Herz der Innenstadt zurück.

Sein eigentliches Zentrum findet das Jüdische Gemeindezentrum mit der Synagoge im dritten Obergeschoss, zu der auch die vom vierten Obergeschoss aus erschlossene Frauenempore gehört. Mit ihrer lichten Höhe von fast sechs Metern zeigt sich die von oben sowie über die durchbrochenen Seitenwände belichtete Synagoge als leuchtender, feierlicher Raum. Auf der Hauptebene sind die geräumigen Sitzbänke längs zu den Wänden orientiert, die Bima bildet das spirituelle Zentrum des Raums.

Der Weg vom Eingang auf Strassenebene zur Synagoge als Abschluss des Gebäudes bestimmt nicht nur das räumliche Organisationsprinzip, sondern auch das Fassadenbild. Als Stahlbetonkonstruktion mit mittigen Stützen realisiert, ist der Bau auf den Längsseiten mit einer Fassade aus Travertinsteinblöcken verkleidet, die an den nötigen Stellen im ersten und zweiten Obergeschoss von Fensteröffnungen durchbrochen wird (auf der Hofseite auch im Erdgeschoss). Im Süden, also zur Schlossstrasse hin, gibt sich die Fassade geschlossen; als Öffnung fungiert hier einzig die zurückgesetzte gläserne Tür, die einen Blick durch Atrium und Treppenhalle hindurch bis zum Garten ermöglicht. Nach oben hin verliert die Fassade an Massivität, wandelt sich ins Filigrane: Durch eine sukzessive Herausdrehung der Travertinsteine aus der Fassadenflucht – diese Verwandlung beginnt im Bereich der Fensterzone des zweiten Obergeschosses – entstehen Zwischenräume, die sich nach oben hin vergrössern. Ein Fassadenverlauf entsteht, der die Muralität der Mauer visuell in Textilität, Profanes in Feierliches transformiert. Die Auflösung der Wand kulminiert im Bereich der Synagoge: Das sich gleichsam aufspreizende Mauerwerk lässt Licht durch die Seitenwände in den Gebetsraum eintreten – und bei Dämmerung und Dunkelheit die Beleuchtung des Inneren an der Fassade wirksam werden.



Credits:
Gramazio Kohler Architects, ZĂĽrich

Auftraggeber: Brandenburgischer Landesbetrieb fĂĽr Liegenschaften und Bauen
Mitarbeiter: Gabriel Cuéllar (Projektleitung), Raffael Gaus, Boris Gusic, Peter Heckeroth
Beratung: Hubertus Adam (Kunsthistoriker) und Jan Otakar Fischer (Kunsthistoriker)